Ende des Jahres 2010 war es noch eine vage Vorstellung. „Hagenial“ war damals der Arbeitstitel für ein Jugendmusicalprojekt mit Berufsschülern zum 100-jährigen Jubiläum des theaterhagen. Inzwischen ist aus „Hagenial“ „BEATS! - Musical" geworden und aus der abstrakten Idee Realität. Dazwischen lagen viele Schritte und Hindernisse, die es zu überwinden galt. Hier eine kurze Chronik des Geschehenen.

Die Idee zu einem Jugendmusicalprojekt mit Berufsschülern hatten Theaterpädagogin Miriam Walter und der Hagener Lehrer Johannes Maria Schatz, der nebenberuflich seit vielen Jahren Jugendmusicals produziert. Nicht irgendein Jugendmusical sollte es werden. Schatz witterte in den fünf Hagener Berufskollegs das Potential zu einem umfassenden Ansatz. Jugendliche sollten an sämtlichen Produktionsprozessen beteiligt sein - von der Suche nach einer geeigneten Geschichte, bis hin zum Bau der Kulissen, von den Darstellerinnen und Darstellern bis zum Marketing und Service. Denn schließlich gibt es an den Schulen für vieles Fachleute: Grafikdesigner für die Werbung oder Metallbauer für die Kulissen und vor allem jede Menge kreatives Potential beim Singen, Tanzen, Schauspielen. Walter und Schatz wandten sich mit diesem Vorschlag an den damaligen Intendanten Norbert Hilchenbach, der sofort die Einzigartigkeit des Projektes erkannte, aber auch die riesige Dimension des Vorhabens richtig einschätzte. Weil weder Theater noch Berufskollegs das alleine stemmen konnten, schloss man sich zusammen. Ein weiterer Partner war schnell gefunden: der Theaterfördenıerein Hagen e.V. war Feuer und Flamme. Klaus Hacker, erster Vorsitzender des Theaterfördervereins, sagt dazu: „Mich hat am meisten überzeugt und interessiert, dass BEATS! von Berufsschülern, also einer generell eher theaterfernen Gruppe, gemeinsam produziert wird - und zwar komplett auf und hinter der Bühne. Das fand ich so herausragend, dass ich mich mit dem Vorstand des Fördervereins sofort dazu entschieden habe, das Projekt zu unterstützen.“ Der Theaterfördenıerein übernahm die Projektträgerschaft. Im Folgenden suchte und fand man Sponsoren und Förderer. Darunter sind die Sparkassen-Stitttung, der Lions-Club Hagen-Mark, die Werner-Richard - Dr. Carl-Dörken Stiftung, der Fritz-Berg-Gedächtnis-Fonds, die Johannis-Loge Hagen und nicht zuletzt die Kunst- und Kulturförderung NRW. Schon im Frühjahr 2011 war klar, dass das Projekt finanzierbar ist. Nun gingen die inhaltlichen Vorbereitungen los. Zunächst wurde ein künstlerisches Leitungsteam gesucht. Projektinitiator Johannes Schatz wurde als Autor engagiert und Axel Goldbeck als Komponist. Später stieß noch Diane Weigmann als Songwriterin zum Team hinzu. Thilo Borowczak (Regie), Ricardo Fernando (Choreographie), Steffen Müller-Gabriel (Musikalische Leitung) und Jan Bammes (Ausstattung) sind für die szenische und musikalische Umsetzung des Stückes im Großen Haus des theaterhagen zuständig. Zunächst musste es aber erst mal ein Stück geben und auch an diesem Schritt waren die Jugendlichen schon beteiligt. Über 100 Plot-Vorschläge gingen über die Berufskollegs ein und wurden bewertet und ausgewählt. Dabei waren viele phantasievolle und kreative Geschichten. Es wurde aber auch klar, dass die Jugendlichen häufig ähnliche Themen bewegten. Aus den so erkannten Hauptmotiven und insgesamt vier Gewinnerplots wurde dann eine Story geschmiedet, die möglichst viele Motive aus den Originalschülerentwürfen beinhaltete.

So entstand ein Stück, das eben ganz normale heutige Jugendliche mit ihren alltäglichen Problemen zeigt. Es geht um Gruppenzugehörigkeit und Ausgrenzung, um „Normalität“ und Anderssein, um Kollektivität und Identitätsfindung. Kurz und knapp: zwei Jugendgruppen, wie sie unterschiedlicher nicht sein können, treffen in einem gemeinsamen Kulturprojekt aufeinander und müssen auf einmal zusammenarbeiten. Als das Thema des Stückes feststand, wurden bereits die Marketingabteilung des Theaters und die betreffenden Lehrgänge an den Berufskollegs damit beauftragt, die Vorbereitungen für eine erfolgreiche Vermarktung und Öffentlichkeitsarbeit des Stückes zu treffen. So entwickelten Schüler des Cuno-Berufskollegs II das Corporate Design und Schüler des Cuno-Berufskollegs I darauf basierend das Webdesign.

Nachdem also das Stück, zumindest im Groben, stand, ging es im nächsten und besonders spannenden Schritt darum, die Darsteller zu finden. Können die das wirklich? Gibt es Berufsschüler, die eine große Rolle einen ganzen Abend lang tragen können? Wenn es anfängliche Skepsis bei der Jury gegeben haben sollte - sie war verflogen nach den ersten Castings. Die jungen Erwachsenen legten ein so hohes Niveau vor, dass die Auswahl schwer fiel. Das gilt beim Singen und insbesondere auch beim Tanzen. So ergab sich nach einem mehrstufigen Castingverfahren (das übrigens wenig mit den demütigenden DSDS-Castings zu tun hatte), eine Besetzung voller Talente. Dass es sich dabei nicht um Profis handelt, ist selbstverständlich. Aber den unbedingten Willen, bei BEATS! dabei zu sein, bringen diese Jugendlichen mit. Stundenlangen Schauspiel- und Gesangsunterricht (Schauspiel-Coach: Robert Schartel; Gesangs-Coach: Stefanie Smits) und

knüppelharte Tanz-Einheiten (Mandy-Marie Mahrenholz, Carla Silva und Matthew Williams) absolvierten die Jugendlichen neben ihren Ausbildungsgängen mit riesigem Elan und oft noch nach einem harten Arbeitstag im Betrieb.

Inzwischen haben die Jungdarsteller und auch das Backstage-Team in verschiedenen Vorabauftritten bewiesen, dass sie das Zeug dazu haben, ein abendfüllendes Musical auf die Bühne zu bringen. Gerade in den letzten Probenwochen sind sie über sich hinausgewachsen und haben mit viel Disziplin und harter Arbeit gezeigt, wie fruchtbar diese Kooperation war.

Quelle: Jan Henric Bogen im Programmheft Theater Hagen, 2012